Auf der Basis von jahrelanger Berufsarbeit in Grund- und Hauptschulen wie auch als Sonderschullehrerin mit dem Schwerpunkt "Sehbehinderten- und Sprachbehindertenpädagogik" hat Frau Hadumoth Scholpp das Problemfeld "Sehbeeinträchtigung" und die verminderte Lernqualität durch Seh-Defizite erfahren. Sie hat sich in einer umfangreichen Untersuchung dieser basalen Lebens- und Lernproblematik angenommen und eine interdisziplinäre Zusammenschau vielfältiger Perspektiven zum menschlichen Phänomen SEHEN geleistet – mit dem pädagogisch sowie lerndidaktisch ausgerichteten "ganzen Blick" als forschungsleitendes Anliegen. So entstand eine integrative Handreichung für Lehrende und Erziehende, die Neuigkeitscharakter hat hinsichtlich der theoriebegründeten Handlungsorientierung zur Sehförderung von Kindern und Jugendlichen.

Das Sehen als Bildungs- bzw. Lernmedium bezieht sich sowohl auf entwicklungsorientierte wie auf präventive Aufgabenfelder, die förderorientierte, lerndidaktische Maßnahmen in Schule und Therapie erforderlich machen. Demgemäß analysiert die Autorin die basale Wahrnehmungsförderung für menschliche Sehvorgänge ebenso sorgfältig wie die soziokulturell bedingten Wahrnehmungsbedingtheiten in unserem sog. "visuellen Zeitalter". Therapeutische Handlungsmöglichkeiten werden sorgsam aufgezeigt und schulpraktische Maßnahmen erläutert zur Verbesserung der Sehfähigkeiten, Sehfertigkeiten und sehbedingten Lernprozesse von Grund- und Sonderschülern auf verschiedenen Alters- und Schulstufen. Die sehbehindertenspezifischen Aufgaben für Schule und Unterricht werden in mehrfacher Hinsicht begründet und exemplifiziert – sowohl hinsichtlich biologiespezifischer wie auch pädagogischer und therapeutischer Handlungsdimensionen. Exemplarische Lehrplananalysen leisten einen wichtigen Beitrag zu einer prospektiven curricularen Begründungsaxiomatik.

Eine besondere Sehqualität bietet sich der Leserin und dem Leser durch die ansprechende Layoutgestaltung und exemplarische Visualisierung dieses umfassenden "Sehkompendiums"; die reichhaltige Bebilderung repräsentiert gleichsam die geistigen Schlüsselmetaphern zum theoretischen Verständnis des menschlichen Sehens in Geschichte und Gegenwart, im Alltag und in schulischen Bildungsprozessen.

Ein Spezifikum der inhaltlichen Erschließung des Themas durch Frau Hadumoth Scholpp liegt in der ausgewogenen "Multi-Dimensionalität" im Focus interdisziplinärer Theoriesuche. Dazu hat sie geisteswissenschaftlich schwierige Theoreme bzw. Konzepte zum Phänomen Sehen mit wahrnehmungsphysiologischen, anatomischen, phylogenetischen, neurophysiologischen und medizinischen Erklärungsmodellen in einen Gedankenaustausch gebracht, der angesichts der aktuellen kulturkritischen Diskussion im Kontext unseres sog. IT-Zeitalters dringlichst fortgeführt werden muss, will man "Bildung" noch mit anthropologischen Intentionen verbinden – und das ist ja wohl auch Aufgabe universitärer Lehrerbildung.

 

Prof. Dr. Maria-Anna Bäuml-Roßnagl
München, den 30. 11. 2003

 

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